Die Finale und wohl auch spannendste Etappe unserer Flussreise war wohl der Rhein. Von der gefährlichen Gebirgsstrecke durch die Loreley bis zu den großen Städten Köln und Düsseldorf war alles dabei…

Der Rhein von Schierstein bis Hoorn

Der Rhein hat eine Länge von rund 1.233 km und ist eine der verkehrsreichsten Wasserstraßen Europas. Er gliedert sich in die Bereiche Alpenrhein, Hochrhein, Oberrhein, Mittelrhein und Niederrhein sowie den Niederländischen Rhein. In Mainz sind wir, vom Main kommend, bei Kilometer 497 gerade noch in den Oberrhein eingefahren.
In Schierstein, wenige Kilometer nach der Mainmündung, haben wir den Rhein wieder verlassen. Schierstein hat ein großes Hafenbecken, welches einem kleinen See gleicht. Hier gibt es einige Wassersportzentren. Eines ist sogar ein Segelbootzentrum bei dem auch Regatten veranstaltet werden.

Den Rhein entlang haben mich verschiedene Crews begleitet. Von Schierstein bis Düsseldorf sind Renate und Manfred aus Linz zu mir an Bord gekommen. Von Düsseldorf bis Hoorn ist Ignaz wieder mitgefahren, der damals in Saal an der Donau von Bord gegangen ist. Mit ihm habe ich das letzte Stückchen Fluss befahren.

13.06.21 Stromkilometer 506 - Schierstein - Koblenz

Crewwechsel 1: Schierstein

Ein denkwürdiger Tag für Taranga. Für mich und die Crew sowieso. Wir mussten durch die gefährliche Gebirgsstrecke fahren. Das Bingener Loch und die Loreley sind für jeden Flussschifffahrer immer eine Herausforderung. Um den Rhein durchgängig schiffbar zu machen, sprengte man
kurzerhand eine Schneise ins Gebirge. Teile der gesprengten Felsen liegen heute noch im Fluss. Bei Niederwasser haben Schiffe teilweise Schwierigkeiten durchzukommen. Wir hatten Glück. Wir kratzen gerade unter der Hochwassergrenze. So ging`s dann recht zügig mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 24,5 km/h durch Bingen.

Weil ich ja schon im Vorhinein von verschiedenen Kollegen vor der Gebirgsstrecke gewarnt wurde, hatte ich ein mulmiges Gefühl als wir kurz vor der Loreley waren. Die Empfehlung der Kollegen war, sich an einen bergabfahrenden Frachter anzuhängen, da dann das Verkehrsleitsystem auf unserer Seite grün zeigt und wir problemlos durchfahren können. Dummerweise war gerade zu der Zeit kein bergabfahrender Schubverband in Sicht. Vorsichtshalber habe ich die Revierzentrale Oberwesel angefunkt um zu fragen wie es verkehrstechnisch aussieht. Als Sportschiff wurden wir nicht ernst genommen. Auf die Frage ob die Durchfahrt aufgrund des Verkehrs nicht gefährlich sei war die Antwort „Das ganze Leben ist gefährlich“. So haben wir uns hineingestürzt ins Getümmel. Glücklicherweise kam uns niemand entgegen und wir sind unbeschadet durchgekommen.

Nach 5-stündiger Fahrt kam dann schon die Abzweigung am „Deutschen Eck“ wo wir in die Mosel eingebogen sind um in Koblenz Station zu machen. Wir hatten uns dort deswegen einen Liegeplatz gesucht, weil wir vermuteten, dass es da ruhig sein wird. Eine Schleuse war noch zu bewältigen. Kurze Zeit nach der Schleuse, ein Stückchen die Mosel bergauf, hatten wir angelegt. Klaus, ein ausgewanderter Kärntner hat uns am Steg empfangen. Am Abend spazierten wir zum Abendessen und zur Besichtigung nach Koblenz. Mit dem Taxi fuhren wir wieder zurück, tranken noch einen Absacker und gingen mit einem Sack Erlebnisse zu Bett.

14.06.21 Stromkilometer 592 - Koblenz - Köln

Von Koblenz bis Köln ging es wieder zügig bergab. 

Wir sind um 7:30 Uhr früh in Koblenz gestartet. Nachdem wir nach der Schleuse wieder beim  „Deutschen Eck“ in den Rhein eingefahren sind, ging es wieder ziemlich schnell zur Sache. So kamen wir 6 Stunden später dann in Köln an und hatten in dieser Zeit eine Strecke von 96 km zurückgelegt, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 16km/h entspricht.

Köln war sehr nett, denn wir trafen unsere Freunde von der Linssen wieder. Am Nachmittag haben wir mit ihnen am Achterdeck ein ein paar gute Augustiner Bier geleert. Abends suchten wir uns ein Gasthaus und aßen Rumpsteak im schattigen Gastgarten unter Bäumen. Gut gesättigt ging es in die Koje um am nächsten Tag die letzte Etappe mit meiner ersten Rhein – Crew bis Düsseldorf zu schippern.

15.06.21 Stromkilometer 687,5 - Köln - Düsseldorf

Von Düsseldorf aus mussten Renate und Manfred nach Hause fahren.

Die Abfahrtszeit des Zugs war 14:30 Uhr vom Düsseldorfer Hauptbahnhof. Die heutige Etappe betrug lediglich 56 km. Trotzdem starteten wir um 08:00 in Köln. Die 56 km waren in 3 Stunden gut zu bewältigen. Um 11:15 lagen wir im Düsseldorfer Stadthafen fest. Der Hafenmeister hat uns nett empfangen, meinte lediglich, dass es sein könnte, dass ich mich vielleicht diese Woche noch umlegen muss. Aber das ist nicht sicher.

Renate und Manfred habe ich dann noch zur Straßenbahn begleitet und Geld behoben für die Liegegebühr.

Da ich in Düsseldorf sowieso zwei volle Hafentage hatte, weil Ignaz erst am Donnerstag Abend anreist und ich mich mit meinem Freund Schicki erst am Mittwoch verabredet hatte, habe ich gleich am Nachmittag noch ein Nickerchen eingelegt. 

Am Abend kochte ich mir noch ein Tiroler-Gröstl, damit auch noch die letzten alten Vorräte aufgebraucht wurden. Vorm schlafen gehen, genoss ich noch ein zwei Dosen Diebels Altbier und ging gut gelaunt zu Bett.

16.06.21 Hafentag 1 Düsseldorf

Zuviel Hitze in dieser Stadt, ein Falco Klassiker lässt erahnen, wie hoch die Temperaturen im Düsseldorfer Stadthafen waren. Teilweise hatte ich bis zu 37 Grad in der Kajüte. Egal. Heute ist echt ein super Tag. 

Mein alter Schulfreund Schicki ist extra aus Dortmund angereist, um mich zu besuchen. Er nahm auch gleich Jessica mit, eine Bekannte, die gerne mal die Taranga besichtigen wollte. Erst hatten wir ein paar Bierchens an Bord getrunken und anschließend machten wir die Altstadt unsicher. Im „Füchschen“, eine Empfehlung von Katha, einer guten Bekannten aus Holland, tranken wir Altbier bis zum sprichwörtlichen Abwinken. Wenn der Deckel drauf ist, hat der Kellner erbarmen und man bekommt nichts mehr eingeschenkt. Was auch gut war, leicht beduselt wankten wir noch an die Rheinpromenade und tranken Absacker in der Abendsonne. Spät Abends begleitete ich noch Schicki und Jessica zum Hauptbahnhof, weil sie ja noch nach Dortmund mussten, da sie ja am nächsten Tag arbeiten sollten.

17.06.21 Hafentag 2 Düsseldorf

Crewwechsel 2: Düsseldorf

Fast genauso heiß wie am Vortag, saß ich im Schatten der Bäume und wartete bis Ignaz in Düsseldorf ankommt um mich bis nach Hoorn zu begleiten. Um 16 Uhr war es dann so weit und er erwartete mich bereits an Bord, nachdem ich noch unterwegs war um etwas Schatten zu suchen.

Er brachte auch die neue Funkantenne mit, die wir im laufe des Nachmittages noch installierten. Als das ganze System mit der neuen Antenne dann aktiv war, konnten wir gleich Schiffe im Umkreis von 40 Kilometern am AIS sehen. Mission geglückt. Am Abend gingen wir dann noch einmal ins Füchschen essen und bekamen am Rande mit, dass die Österreicher von den Holländern mit 2:0 besiegt wurden.

18.06.21 Stromkilometer 743,5 - Düsseldorf - Emmerich am Rhein

Aufgrund der extrem heißen Temperaturen sollte es zeitig in der Früh losgehen. 

Um 06:15 machten wir die Leinen los und dampften Stromabwärts den Rhein entlang durch das Ruhrgebiet wo riesige Schlote an eine florierende Wirtschaft erinnern.
Vorbei an Duisburg, den Rhein entlang, bis nach Emmerich am Rhein. Die letzte Stadt in Deutschland, wo die Bewohner schon mit ziemlich lustigem Akzent sprechen.
Weil wir nicht genau wussten, wie es weitergehen wird, wollte ich unbedingt noch einen Kanister Diesel tanken. Wir rückten mit Ignaz` Klappfahrrad aus und bunkerten noch 28 Liter. Rückwirkend gesehen war das die richtige Entscheidung wie wir später noch sehen werden. Abends gingen wir zum Italiener essen. Anschließend schlupften wir in die Koje.

19.06.21 Stromkilometer 853,5 - Emmerich am Rhein - Tiel

Wir legten wieder sehr früh ab. Zwar hatten wir nur 61 Kilometer vor uns, jedoch wollten wir uns noch die Stadt Tiel ansehen, die übrigens die erste Stadt in Holland war, die wir anliefen. Erst noch ein Stückchen Rhein, dann hielten wir uns links und fuhren in die Waal.

Auf der Waal war sehr viel Verkehr. Klar, alles fährt von oder nach Rotterdam. Die Wellen waren höher als die vom Attersee jemals zuvor. Strömung war vorhanden und so surften wir mit 17 km/h an den dicken Frachtschiffen vorbei. Nach nur 4 Stunden und 61 km später waren wir am Ziel angelangt. In Tiel wurden wir sehr freundlich empfangen. Eine Frau die sagte, dass Sie den Hafenmeister vertritt, half uns beim Anlegen und überreichte uns sogleich den Code für die Türe zum WC und für das Tor am Zaun.

Tiel war eine typisch niederländische Stadt mit Backstein Pflastern und Naturziegelhäusern. Es war Samstag. Samstags ist in Holland Markttag. Obst und Gemüsehändler stehen genauso an der Straße wie Kleider und Blumenhändler. Nachdem wir eine Zeitlang durch das Geschehen geschlendert sind, hatten wir Gusta auf ein Bier. Nach unserer Bierpause gingen wir zufrieden aufs Boot, machten uns einen Thunfisch-Salat, ließen den Abend ausklingen, und gingen schlafen.

20.06.21 Stromkilometer 914,5 - Tiel - Hoorn

Am Morgen beim Aufstehen ahnten wir noch nicht, dass wir an diesem Tag schon unseren Zielhafen erreichen sollten. Eigentlich wollten wir eine Nacht in Amsterdam verbringen. Jedoch auf Grund der Wetterlage entschieden wir uns gleich nach Hoorn durch zu fahren. 

Für Morgen war Starkregen angesagt. Dies veranlasste uns dazu, den reservierten Liegeplatz im Amsterdamer Entrepot – Hafen wieder zu stornieren. Der Hafenmeister zeigte vollstes Verständnis und bedankte sich dafür, dass wir uns abgemeldet hatten. Das scheint nicht Usus zu sein.

Es war Sonntagnachmittag und noch dazu schönes Wetter. Um von Het-Ij in das Marker Meer zu gelangen, muss man durch die „Oranje Sluizen“ durch. Anders als überall bisher geht es hier zu. Ich meldete mich wie gewohnt am richtigen VHF Kanal an und mir wurde gesagt, dass es keinen Grund zu funken gibt, weil sowieso alle der Reihe nach geschleust werden. Nachdem wir zur richtigen Kammer kamen, mussten wir erst einmal anlegen. Blöderweise hatten wir alles auf der falschen Seite vorbereitet und mussten schnell noch alles umbauen. 

Nach zirka einer halben Stunde Wartezeit durften wir einfahren. In Holland laufen die Schleusenvorgänge anders ab als in Deutschland und Österreich. Alles wirkt ein bisschen chaotisch, ist es aber nicht. Die Schleuse selbst war mehr ein Sperrtor als eine Schleuse und so war auch kaum ein Höhenunterschied zu bemerken. 15 Minuten später ging das Tor auf der anderen Seite wieder auf und wir durften genauso zügig ausfahren, wie wir eingefahren sind.

Die Segelboote, die mit uns geschleust hatten mussten vor der Brücke nach der Schleuse warten bis diese aufging. Wir hatten Glück, weil ja unser Mast gelegt war, und so fuhren wir sogleich unter der Brücke durch 🙂

Vorbei an der Insel Marken gings gen Norden. Nach gut drei Stunden Motoren am Markermeer bemerkte ich, dass der Motor wärmer wurde und auch die Geschwindigkeit abzunehmen schien. Erst schob ich es auf die Wellen und den Wind, gab die Info aber an meinen Co-Skipper weiter. Ignaz meinte, es könnte an dem Kraut liegen, das speziell an der Westseite des Markermeeres wächst. Also stoppte ich erstmal, gab Gas Achteraus und siehe da, es kamen eine Menge Pflanzen aus meiner Schraube zum Vorschein. Als ich nun wusste, auf was ich achten musste, sah ich plötzlich ringsum dieselben Pflanzen. Shit dachte ich bei mir, wie sollen wir da wieder rauskommen. Es benötigte ein paar dieser Manöver und schlussendlich schafften wir es doch noch bis Hoorn ohne fremde Hilfe. 

Um ca. 19:00 liefen wir in den Hafen ein und fanden gleich unseren neuen Stammliegeplatz. Ein freundlicher Kerl aus Amsterdam, der sein Boot in Hoorn stationiert hat, half uns beim Anlegen.

Somit ging unsere einmonatige Flussreise an einem Sonntagabend in Hoorn zu Ende.